Gebeuteltes Inguschetien - Gora Shan / Mt'a Shani
Autonome Republik der Inguschen im Verband der Russischen Föderation
Rast am Westgrat des Mt'a Shani
Dem Kasbek gegenüber: Gora Shan – Mt'a Shani
Auszüge:
„In der Wohnung von Alain und Marina treffe ich Shota Mirianashvili am nächsten Morgen; er spricht nur Georgisch, versteht aber anscheinend ein bißchen Englisch. Ich erläutere meine alpinistische Geschichte und meine Pläne, die alle um den Aspekt 'höchster Berg von...' kreisen, und Marina übersetzt. Der Herr Professor, dem man mit seinen 71 Jahren ansieht, daß er schon manches Abenteuer durchgestanden hat, schaut mich abschätzig aus den Augenwinkeln an: 'Wir besteigen Berge aus Freude, nicht wegen ihrer Höhe'. Da hab ich’s nun. Shota ist zwar mitgegangen, auf Shani und Tebulo, aber ernst genommen hat er mich wahrscheinlich nicht.
Shota hatte es außerdem recht eilig und war nicht zu Späßen aufgelegt. Auch Alain war heute morgen sehr bedrückt: Es gibt schlechte Nachrichten vom Uschba, wo Zaal Kikodze, genannt Zaliko, mit Holländern unterwegs ist; er soll abgestürzt sein ... Shota verabschiedet sich schnell, muß angeblich zu einer Beerdigung."
Mein Spezial-Permit für das georgisch-russische Grenzgebiet: dem georgischen General Korneli Salia sei Dank!
Brüchiger Schiefer
"Die ersten Kletterversuche am Grat sind ernüchternd: Er verhält sich so, wie es das Schiefergeröll zu seinen Füßen befürchten ließ – bröckelig. Was früher ein einziger Stein war, ist jetzt zu einem Strauß von zehn oder noch mehr senkrecht stehenden Lamellen zerborsten. Immerhin geht es noch so zu klettern, daß wir keine Seilsicherung brauchen. In Aufstiegsrichtung arbeiten wir uns links um die erste Schulter herum, dann rechts um das nachfolgende Türmchen. Es ist harte Arbeit und riskant dazu: Immer wieder brechen ganze Platten krachend aus dem gewachsenen Fels und kollern splitternd zu Tal. Der Fels ist an sich senkrecht geschichtet und wäre herrlich, wenn er nur fest wäre; so aber stehen manchmal ganze Sträuße von Platten Schicht an Schicht hervor – man sieht deutlich, daß sie vor kurzem noch zu einem Block vereint waren und gefrierendes Wasser sie gerade kürzlich gespalten hat. Sie sind leider völlig unbrauchbar als Halt. Wir müssen oft unsere Schritte balancierend lenken, ohne die Hände zu etwas Ernsthaftem gebrauchen zu können."
"Endlich sind wir so weit oben und nahe dem Gipfelgrat am Horizont, daß wir die Querung des Schneefelds angehen können. Es ist kritisch geneigt; Mischa führt, wir müssen höllisch auf unsere Tritte achten und rammen die Pickel fest in den Schnee. In der Ferne das erste Donnerrollen. Shota ruft von unten, pfeift zur Umkehr. Wir rufen etwas hinab, wollen noch sehen, ob wir nicht schnell weiter und ans Ziel kommen können. Das Wetter erscheint uns noch nicht bedrohlich – die Wolken sind gleichmäßig grau über den Himmel gezogen, nicht ballig aufgetürmt. Also weiter! Und schnell! Giorgi sagt eindringlich: 'Wolf, you must be faster."
Die Kisdura durchwaten ist eine der schwierigeren Aufgaben am Mt'a Shani
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